Die Krise des Rechtsstaats in Polen und ihre Bedeutung für die EU
Die polnische Solidarność-Bewegung der 80er Jahre war nicht nur ein Wegbereiter der Demokratisierung und Liberalisierung Polens, sondern sie hat auch einen wesentlichen Beitrag zum Fall des Eisernen Vorhangs geleistet und damit zur Demokratisierung und Liberalisierung von ganz Mittel- und Osteuropa. Diese Entwicklungen mündeten schließlich 2004 im EU-Beitritt von Polen und neun weiteren Staaten, der von tanzenden Menschen auf der Oderbrücke zwischen Frankfurt (Oder) und Słubice gefeiert wurde. Doch die aktuellen Entwicklungen sind eher ernüchternd und besorgniserregend. Der Umbau des polnischen Justizsystems untergräbt die Unabhängigkeit der Rechtsprechung und steht im Widerspruch zu europäischen Normen. Die „Repolonisierung“ der Medien beschleunigt den Prozess der Verstaatlichung der polnischen Medien und die Einschränkung der Pressefreiheit im Land. Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) werden sukzessive von der Gesellschaft ausgegrenzt und ihre Rechte missachtet. Gegen diese Entwicklungen haben tausende Menschen in Polen auf der Straße demonstriert und die EU hat mit Vertragsverletzungsverfahren und der Schaffung eines neuen EU-Rechtsstaatsmechanismus reagiert. Was diese Krise des Rechtsstaats in Polen für die Europäische Union bedeutet, der Frage widmet sich der letzte Teil der Nürnberger Sicherheitsgespräche.
Mit dem Ende des kalten Krieges begann eine goldene Ära des Liberalismus. Der Kommunismus wurde scheinbar auf den „Müllhaufen der Geschichte“ geworfen und immer mehr Staaten organisierten sich als liberale Demokratie. Der Beitritt zu internationalen Organisationen war dabei oftmals ein Mittel der neuen demokratischen Staatsführer, die neue liberaldemokratische Ordnung im Inneren des Staates auch durch internationale Verpflichtungen festzuzurren. Das sah man besonders prominent am Beispiel der Osterweiterung der Europäischen Union. Es sind aber auch viele andere internationale Organisationen von liberalen Ideen geprägt. So ist beispielsweise ein Beitritt zur 1994 gegründeten Welthandelsorganisation mit einem Bekenntnis zu einer liberalen Wirtschaftsordnung verbunden. Und der Schutz der Menschenrechte ist bereits in Artikel 1 der Charta der Vereinten Nationen von 1945 als eines ihrer zentralen Ziele aufgeführt. Ihre Bedeutung innerhalb der Vereinten Nationen nahm aber erst nach dem Ende des Kalten Krieges deutlich zu, beispielsweise mit der seit 2001 aufkommenden Schutzverantwortung (Responsibility to Protect, R2P).
In jüngster Zeit ist der Liberalismus als System der internationalen Ordnung allerdings in einer Krise. In zahlreichen Ländern werden demokratische Strukturen durch Populisten ausgehöhlt. Gleichzeitig werden internationale Organisationen und Regelwerke in Frage gestellt. Wie sollten wir auf all diese Entwicklungen reagieren? Was können wir tun, damit die liberale Demokratie eine attraktive Staatsordnung für möglichst viele Länder der Welt ist? Und wie können wir uns für die liberale Weltordnung einsetzen? Diese Fragen wollen wir gerne mit Ihnen diskutieren.
Die Krise des Rechtsstaats in Polen und ihre Bedeutung für die EU
Nürnberger Sicherheitsgespräche 2021 - digital
Veranstaltungsart
WebTalk
Zeit10.07.2021 | 19:00 - 20:30
VeranstalterLandesbüro Bayern
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