Russlands großes Erbe der Gewalt
Um Russland und vor allem um die Menschen in Russland zu verstehen, muss man um die Rolle der Gewalt in dieser Gesellschaft wissen. Nicht nur, dass Russland seit Jahrhunderten von Despotie und Diktatur geprägt ist – das Erbe der Gewalt über Generationen bestimmt bis heute das Leben in den Familien, im Beruf, im Militär, in der Politik.
Inna Hartwich wurde 1980 in der Sowjetunion geboren und emigrierte als 12jähriges Kind nach Deutschland. Als Erwachsene kehrte die Journalistin als Korrespondentin nach Moskau zurück. In ihrem Debüt „Friedas Enkel“ erzählt sie von ihrer Großmutter Frieda, anhand derer Geschichte sie das Unerzählte in Russland sichtbar macht. Sie beschreibt aus eigener familiärer Erfahrung eine Gesellschaft, die gelernt hat, sich zu fügen und selbst Gewalt schweigend hinzunehmen – als Mittel des Überlebens.
„Wenn du bestehen willst im Leben, hatte Frieda einst gesagt, musst du einfach die Klappe halten. Frieda hielt die Klappe, Frieda nahm hin, sie unterwarf sich dem sowjetischen Regime ... ertrug Hunger, Schmerzen und Deportationen, unterwarf sich der Gewalt und übte selbst Gewalt aus. Sie hielt das alles für richtig,“ so schreibt Inna Hartwich am Beginn ihres Buches „Friedas Enkel“. Es spiegelt die Geschichte einer russlanddeutschen Familie wider. Es zeigt das Erbe der Gewalt, das dieses Land bis heute prägt.
Für ihr Buch reiste Inna Hartwich quer durch Russland. Sie begegnete Menschen mit den unterschiedlichsten Haltungen und zeigt auf, wie sich das Land durch Angst, Leid und Ignoranz selbst zerstört. Ihr Fazit: „Jahrzehnte später halten sehr viele Enkel des Sowjetregimes ebenfalls ‚die Klappe‘, weil sie gelernt haben, dass das ihr Leben rettet. Weil sie verlernt haben, menschlich zu sein.“
Gast
Inna Hartwich
... ist freie Journalistin und wurde 1980 in der Sowjetunion geboren. Sie emigrierte 1992 nach Deutschland. Inna Hartwich war zunächst von 2010 bis 2013 Korrespondentin in Moskau und beschäftigte sich danach mit Ostasien und später mit Ostmitteleuropa. Seit 2018 arbeitet sie wieder als Moskau-Korrespondentin.
Gast
Edwin Warkentin
...ist Leiter des Kulturreferates für Russlanddeutsche und wurde 1981 in der ehem. UDSSR, heute Kasachstan, geboren. Er ist außerdem Vorstandsmitglied im Osteuropa Kolleg NRW.
Moderation
Meinhard Schmidt-Degenhard
arbeitete 30 Jahre für den Hess. Rundfunk/ARD in Frankfurt am Main als Chef der TV Redaktion, Gesellschaft, Politik, Religion‘, moderierte die TV-Sendungen ‚horizionte‘ und ’Sonntagsgespräch’. Heute ist er freiberuflich tätig als Moderator, Coach und Interviewtrainer.
Russlands großes Erbe der Gewalt
Was die russische Gesellschaft bis heute prägt ...
Veranstaltungsart
Webtalk
Zeit30.10.2023 | 18:00 - 19:15
VeranstalterLandesbüro Nordrhein-Westfalen
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